@phdthesis{Luimpoeck2018, author = {Sabrina Luimp{\"o}ck}, title = {Erwerbsbiografien tschetschenischer Fl{\"u}chtlinge. Krieg, Flucht, Asylverfahren und Integrationserwartungen als biografische Mehrfachz{\"a}sur}, doi = {10.25528/007}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:hil2-opus4-9456}, pages = {241}, year = {2018}, abstract = {Bisherige Forschung zur Arbeitsmarktpartizipation von Gefl{\"u}chteten l{\"a}sst deren Perspektive weitgehend offen und fokussiert jene, die im Zuge der Fluchtbewegung 2015 angekommen sind. Demgegen{\"u}ber widmet sich die vorliegende Studie jenen, die bereits l{\"a}ngere Zeit als Asylberechtigte in {\"O}sterreich leben. Krieg und Flucht bedingen Abbr{\"u}che von Arbeits- und Ausbildungsverh{\"a}ltnis und das Asylverfahren ist gepr{\"a}gt von organisierter Desintegration (T{\"a}ubig 2009), welche die ethnische Homogenit{\"a}t der sozialen Netzwerke f{\"o}rdert. Die Asylgew{\"a}hrung stellt als weitere biografische Z{\"a}sur unvermittelt Erwartungen an eine rasche Arbeitsmarktpartizipation. Wie vor diesem Hintergrund Flucht anstatt eines Zusammenbruchs von Lebensentw{\"u}rfen zur probleml{\"o}senden Z{\"a}sur in der Erwerbsbiografie werden kann, steht im Zentrum der Forschung. Welche biografischen Antworten finden Asylberechtigte unter Einsatz ihrer sozialen Netzwerke im Hinblick auf diese Einschnitte und wie werden sie in die Gesamtbiografie eingebettet? Tschetschen*innen formieren in {\"O}sterreich die gr{\"o}{\"s}te Gruppe unter den langj{\"a}hrig anerkannten Gefl{\"u}chteten. Der Traditionskodex Adat nimmt eine gewichtige Rolle ein und definiert – wenngleich nicht einheitlich kodifiziert – die Pflicht zur gegenseitigen Unterst{\"u}tzung und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung. Der Forschungsfokus liegt auf dem Zusammenwirken von im Adat festgelegten Normen und Geschlechter- und Generationenverh{\"a}ltnissen. Zehn biografische Interviews wurden jeweils mit egozentrierten Netzwerkzeichnungen kombiniert und mittels Grounded Theory analysiert. Diagnosen zu Langzeitearbslosigkeit, Strukturwandel der Anerkennung sowie Labelingprozessen werden mit biografietheoretischen Grundlagen verbunden. Die biografischen Fallrekonstruktionen geben Aufschluss {\"u}ber subjektive Deutungen von Arbeitserfahrungen und Erwerbslosigkeit. Die Ergebnisse zeigen, dass die eigene Identit{\"a}t auf Basis alternativer Anerkennungssph{\"a}re rekonstruiert wird, wenn Erwerbsarbeit als Quelle sozialer Anerkennung nicht verf{\"u}gbar ist. So kann etwa Religionsaus{\"u}bung Anerkennung vom eigenen Netzwerk bringen; dazu muss sie allerdings sichtbar nach au{\"s}en getragen werden. Die damit einhergehende Diskriminierung sowie die Flucht als disruptives Lebensereignis werden als Gr{\"u}nde f{\"u}r einen aus subjektiver Sicht gescheiterten Lebenslauf genannt. Die Interviewten reproduzieren das Verst{\"a}ndnis von Integration als individuell zu erbringende Leistung. Um eine positivere Bewertung des eigenen Biografieverlaufs sicherzustellen, setzen sie Distanzierungskonstruktionen gegen{\"u}ber neu angekommenen Gruppen Gefl{\"u}chteter ein. Die Kontinuit{\"a}t der Kategorie Fl{\"u}chtling lehnen die Betroffenen ab und konstruieren stattdessen ein Wir im Sinne der eigenen Religion oder Volksgruppe. Die Forschung leistet einen Beitrag zum Verst{\"a}ndnis eines interaktionistischen Modells der Identit{\"a}tsumformung in Fluchtbiografien in Hinblick auf den Entzug sozialer Anerkennung durch verunm{\"o}glichte Erwerbsintegration.}, language = {de} }