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Prozesse der Zielanpassung - Konzeptuelle und empirische Beiträge zur Erklärung von Entwicklungsregulation

  • Zielanpassungsprozesse sind zentraler Bestandteil erfolgreicher Entwicklungsregulation. Sich von blockierten Zielen zu lösen und sich neuen Zielen zuzuwenden, kann insbesondere dann eine funktionale Reaktion darstellen, wenn schwer überwindbare Blockaden in der Verfolgung persönlicher Ziele auftreten (etwa durch abnehmende körperliche und mentale Fähigkeiten mit zunehmendem Lebensalter) und eine Zielerreichung trotz Anstrengungssteigerungen wenig aussichtsreich ist. So kann unter anderem eine Erschöpfung individueller Ressourcen verhindert werden. In den letzten drei Jahrzehnten sammelten sich umfangreiche theoretische Arbeiten zur Bedeutsamkeit von Zielanpassungsprozessen und empirische Evidenz, dass individuelle Zielanpassungskapazitäten mit einer Reihe positiv bewerteter Outcomes assoziiert sind (z. B. allgemeine Lebenszufriedenheit, reduzierte Depressivität). Dennoch ist bisher wenig darüber bekannt, wie Zielanpassungsprozesse in konkreten Situationen auf verschiedenen Beobachtungsebenen ablaufen und dabei ihre funktionale Wirkung entfalten – unter anderem, weil ein Großteil der bisherigen Forschung auf korrelativen Studien mit recht breiten dispositionalen Maßen der Zielanpassung basiert. Die vorliegende Dissertation kombiniert deshalb verschiedene Ansätze, um einem kausalen Verständnis von Zielanpassungsprozessen auf Mikro-Ebene näher zu kommen. Es erfolgte eine systematische Konzeptualisierung potentieller Facetten situativer Zielanpassung in Bezug auf verschiedene Beobachtungsebenen (behavioral und kognitiv-affektiv) und Erklärungsansätze (personal und sub-personal). Weitergehend wurde ein sozialpsychologisches Ostrazismus-Paradigma für die experimentelle Zielanpassungsforschung adaptiert. In diesem wird bei Studienteilnehmenden das Ziel ausgelöst, zu einer neu gebildeten Gruppe zu gehören (unter anderem über das virtuelle Ballspiel Cyberball). Anschließend wird dessen Blockade experimentell manipuliert (durch Ein- oder Ausschluss in einer weiteren Runde des Ballspiels). Um die Blockade herum werden mögliche Indikatoren der Zielanpassung und der Belastung/Bewältigung im Zeitverlauf erfasst. Für die ersten Anwendungen des Paradigmas im Rahmen der vorliegenden Dissertation lag der Fokus auf Zielablösungsprozessen (als eine wichtige Untergruppe von Zielanpassungsprozessen) sowie deren Erfassung, aufgelöst auf die verschiedenen Beobachtungsebenen und Erklärungsansätze. Eine Vorstudie und zwei Studien mit dem vollständigen Paradigma legen nahe, dass die Induktion des Zugehörigkeitsziels mit dem Paradigma gelingt und dass ein Gruppenausschluss neben Einschränkungen im Wohlbefinden zu einer Blockade dieses Ziels führt. Diese Blockade löste zudem Reaktionen aus, die als kognitiv-affektive und behaviorale Zielablösung angesehen werden können: Nach dem Ausschluss erlebten Studienteilnehmende eine Abnahme der Zielwichtigkeit und eine Abwertung der ausschließenden Gruppe im Selbstbericht. Zudem zeigten sie eine behaviorale Depriorisierung der ausschließenden Gruppenmitglieder in einem erneuten virtuellen Ballspiel, bei dem zusätzlich zuvor unbekannte Personen dabei waren. In Bezug auf die Funktionalität der Zielablösung für die Bewältigung der Ausschlusserfahrung waren die Befunde gemischt. Obwohl sich die Teilnehmenden in der Ausschlussbedingung im Mittel nahezu vollständig von dieser Erfahrung erholten, war die Wiederherstellung des Wohlbefindens in beiden Studien bivariat nur mit Umbewertungsprozessen der Gruppe assoziiert, nicht jedoch mit der Abnahme der Zielwichtigkeit oder der Verhaltensdepriorisierung der eigenen Gruppenmitglieder. Viele Fragen zur genauen Konzeptualisierung von Zielanpassung und der Erklärung ihrer funktionalen Wirkung bleiben weiterhin offen, das adaptierte Paradigma stellt jedoch einen guten Ausgangspunkt dar, um diese in zukünftigen Studien zu adressieren.
  • Goal adjustment processes are a central component of successful developmental regulation. Disengaging from blocked goals and turning to new ones can be a functional response, especially when the pursuit of personal goals is blocked by obstacles that are difficult to overcome (e.g. due to declining physical and mental abilities with age) and there is little prospect of achieving these goals despite increased effort. In these situations, goal adjustment can prevent the depletion of individual resources. Over the past three decades, there has been extensive theoretical work on the importance of goal adjustment processes and empirical evidence accumulated that individual goal adjustment capacities are associated with a range of positive outcomes (e.g., general life satisfaction, reduced depression). However, little is known about how goal adjustment processes operate in concrete situations at different levels of observation, and thereby unfold their functional effects – partly because much of the research to date has been based on correlational studies with rather broad dispositional measures of goal adjustment. This dissertation therefore combines different approaches in order to come closer to a causal understanding of goal adjustment processes at the micro level. A systematic conceptualisation of potential facets of situational goal adjustment in relation to different levels of observation (behavioural and cognitive-affective) and explanatory approaches (personal and sub-personal) was conducted. Furthermore, a social-psychological ostracism paradigm was adapted for experimental research on goal adjustment. In this paradigm, the goal of belonging to a newly formed group is induced in par- ticipants (amongst others via the virtual ball game Cyberball). Subsequently, blockage of this goal is experimentally manipulated (by inclusion or exclusion in another round of the ball game). Around the blockage, possible indicators of goal adjustment and stress/coping over time are measured. The first applications of the paradigm in the present thesis focused on goal disengagement processes (as an important subset of goal adjustment processes) and their measurement, broken down into different levels of observation and explanatory approaches. A preliminary study and two studies with the full paradigm suggest that the paradigm successfully induces the goal to a newly formed anonymous group and that exclusion from this group leads to a blockage of this goal in addition to restrictions in well-being. This blockage also triggered reactions that can be considered as cognitive-affective and behavioural goal disengagement: After exclusion, study participants experienced a decrease in goal desirability and a self-reported devaluation of the excluding group. In addition, they showed a behavioural deprioritisation of the excluding group members in a further session of the virtual ball game in which previously unfamiliar people were also present. Regarding the functionality of goal disengagement in coping with the exclusion experience, the results were mixed. Although, on average, participants in the exclusion condition recovered almost completely from the experience, the restoration of well-being in both studies was bivariately associated only with group reevaluation processes, but not with a decrease in goal importance or behavioural deprioritisation of the excluding group members. Many questions remain about the precise conceptualisation of goal adjustment and the explanation of its functional effects, but the adapted paradigm provides a good starting point for future studies.

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Metadaten
Author:Farina Rühs
URN:https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:hil2-opus4-17309
DOI:https://doi.org/10.25528/173
Referee:Werner Greve, Veronika Brandstätter-Morawietz
Advisor:Werner Greve
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Year of Completion:2023
Publishing Institution:Stiftung Universität Hildesheim
Granting Institution:Stiftung Universität Hildesheim
Date of final exam:2023/07/17
Release Date:2023/07/26
Tag:Cyberball; Ostrazismus; Selbstregulation; Zielablösung; Zielanpassung
Page Number:85
PPN:Link zum Katalog
Institutes:Fachbereich I
DDC classes:100 Philosophie und Psychologie / 150 Psychologie
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