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Die entwicklungspsychologische und pädagogisch psychologische Forschung befasst sich seit langem mit der Erforschung von Lernschwierigkeiten, ihnen vorausgehenden Schwächen im Kindergartenalter und mit ihnen auftretenden kognitiven Defiziten. Der hier aufbereitete aktuelle Stand der Forschung und die aufgeworfenen Fragestellungen zielen in ihrer Konsequenz alle darauf ab Lernschwierigkeiten besser zu verstehen: in ihrem Entwicklungsprozess, in ihrer Vorkommenshäufigkeit und Relevanz und letztlich in ihrer Beeinflussbarkeit durch Interventionsmaßnahmen. Dabei besteht das darüber hinaus gehende Anliegen darin, in Zukunft eine bessere Früherkennung und Unterstützung für Kinder mit Lernschwierigkeiten bereitstellen zu können.
Zu Beginn der vorliegenden Arbeit geht es zunächst um die Entwicklung spezifischer und unspezifischer Vorläuferfertigkeiten von Risikokindern für spätere Lernschwierigkeiten. In Studie 1 wurden längsschnittlich Gruppen von Kindern untersucht, die mit 4;6 Jahren abgrenzbare Vorläuferschwächen im phonologischen, numerischen und/oder kombiniert in beiden Bereichen hatten. Dabei wurde zunächst die Entwicklung der spezifischen Vorläuferfertigkeiten im Gruppenvergleich geprüft, und dann die Gruppen hinsichtlich ihrer unspezifischen kognitiven Vorläufer Arbeitsgedächtnis und Langzeitgedächtnisabruf verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass schon Kindergartenkinder mit schwachen Vorläuferfertigkeiten ihre Schwächen bis zum Alter von 6;0 Jahren nicht aufholen konnten. Die phonologisch schwachen Kinder wiesen Schwächen im phonologischen Arbeitsgedächtnis auf, die numerisch schwachen Kinder im visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnis, in der zentralen Exekutive und im Langzeitgedächtniszugriff. Kinder mit kombinierten Schwächen zeigten in allen Be-reichen die stärksten Beeinträchtigungen. Hier zeigen sich deutliche Parallelen zwischen kognitiven Defiziten von Kindern mit Vorläuferschwächen und solchen mit umschriebenen Lernstörungen. Die Ergebnisse werden bezüglich ihrer Bedeutung für frühe Diagnostik und Intervention diskutiert.
Epidemiologische Studien über Lernstörungen variieren stark in ihren Angaben über die Vorkommenshäufigkeit. Begründen lässt sich dies mit den sehr unterschiedlichen angesetzten Diagnosekriterien und unterschiedlichen Definitionen der Begriffe Lernstörung und -schwäche. Studie 2 untersucht aus diesem Grund die Prävalenzraten von Lernschwächen und Lernstörungen und hierbei auftretende Geschlechtsunterschiede in der Mitte der Grundschulzeit anhand einer großen deutschen Stichprobe (N = 2195) nach unterschiedlichen Kriterien. Bei einem Drittel (32.8%) aller Kinder fanden sich unterdurchschnittliche Leistungen (T<40) in mindestens einem Leistungsbereich, davon zeigten 23.3% die Lernschwäche trotz durchschnittlicher Intelligenz (IQ ≥ 85). Wurde zusätzlich das zweite IQ-Diskrepanzkriterium nach ICD-10 (1.2 Standardabweichungen) angesetzt, so erfüllten allerdings nur 13.3% aller Kinder die Kriterien einer Lernstörung. Die Autretenshäufigkeiten der isolierten und kombinierten Lernschwierigkeiten lagen ohne das IQ-Diskrepanzkriterium zwischen 4 und 6 % und mit Lernstörungsdiagnose zwischen 2 und 4 %. Von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten sind häufiger Jungen betroffen, von Rechenschwierigkeiten deutlich mehr Mädchen. Der Einfluss der alleinigen Berücksichtigung der diagnosespezifisch relevanten Leistungen führte in der vorliegenden Studie zu einer Verdoppelung der Prävalenzraten. Diese Befunde werden in ihrer Bedeutung für die Diagnosekriterien nach ICD-10 und der praktischen Implikationen für eine umfassende Schulleistungsdiagnostik diskutiert.
Vor dem Hintergrund epidemiologischer Studien zu Persistenz und Folgen von Lernschwierigkeiten und –störungen wird der Stellenwert professioneller Förderung und Unterstützung deutlich. Im Rahmen des Wandels von Separation zu Inklusion im Schulsystem wird der Förderauftrag zunehmend direkt an die Schulen übertragen. Studie 3 untersucht die Wirksamkeit einer innerschulischen lerntherapeutischen Fördermaßnahme (LeFiS) bei Lese-Rechtschreibschwierigkeiten, welche sich am response-to-intervention-Modells (RTI) orientiert. 97 Kinder mit isolierten Lese- und/oder Rechtschreibschwierigkeiten wurden während des dritten und vierten Schuljahres von professionellen Lerntherapeuten an zwei Schulstunden pro Woche in Kleingruppen gefördert. Es zeigte sich, dass die geförderten Kinder besonders im Schreiben Vorteile gegenüber der Kontrollgruppe hatten. Am deutlichsten fiel dieses Ergebnis für Kinder mit kombinierten Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben aus. Kindern mit Lernstörung (gemäß ICD-10) und Lernschwäche unterschieden sich in ihrem Therapieerfolg. Im Lesen konnten keine deutlichen Einflüsse der Förderung festgestellt werden. Die Ergebnisse werden in ihrer Bedeutung für zukünftige inner-schulische präventiv orientierte Fördermaßnahmen dargestellt.
Die Kapitel zum aktuellen Stand der Forschung, sowie die vorgestellten Studien werden hinsichtlich ihres wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns, ihrer Anregungen für weitere Forschungsvorhaben und ihrer Implikation für die Praxis in Kapitel 5 diskutiert. Sie bereichern die aktuelle Diskussion um Frühdiagnostik, Relevanz von Lernschwierigkeiten und –störungen und die Umsetzung schulinterner Fördermaßnahmen.
Der Terminus Lese-Rechtschreibstörung umfasst ein Entwicklungsdefizit schulischer Fertigkeiten, bei dem es Kindern trotz altersentsprechender kognitiver Fähigkeiten und regelmäßiger Beschulung besonders schwer fällt, Lesen und/oder Schreiben zu lernen. Da betroffene Kinder Gefahr laufen, zusätzliche komorbide Störungen auszubilden, bedürfen sie nicht nur einer gezielten Übungsbehandlung sondern auch einer Unterstützung der sozial-emotionalen Entwicklung durch ihr unmittelbares soziales Umfeld. Eine multimodale Therapie des Kindes mit Einbezug der Eltern scheint daher unverzichtbar. Zudem zeigen Studien, dass Eltern lese-rechtschreibschwacher Kinder einen hohen Informationsbedarf in Bezug auf das Störungsbild des Kindes und dessen Behandlungsmöglichkeiten aufweisen und sich insgesamt stärker belastet fühlen. Darüber hinaus besitzt der Einsatz von Eltern in der Funktion als Ko-Therapeuten großes Potenzial für die Förderung der schriftsprachlichen Fähigkeiten von Kindern mit Lese-Rechtschreibstörung. Weiter zeigen sich sowohl bei Kindern ohne als auch bei jenen mit Entwicklungsstörungen positive Effekte von Elterntrainings auf elterliche Belastungen, Kompetenzen sowie Verhaltensauffälligkeiten der Kinder. Inwiefern Eltern durch Therapeuten, Lehrer, Ärzte oder andere Fachleute beraten und praktisch angeleitet werden, ist bisher kaum erforscht. Auch ist kein evidenzbasiertes deutschsprachiges Programm bekannt, dass dem Be-darf dieser spezifischen Zielgruppe von Eltern entspricht. Diese Forschungsdesiderate bilden die Ausgangspunkte für die in dieser Dissertation untersuchten Fragestellungen. Einerseits soll ein erster Eindruck in Hinblick auf Beratung und Partizipation von Eltern im Rahmen der Lese-Rechtschreibtherapie gewonnen werden. Anderseits kann mithilfe der gewonnenen Erkenntnisse der Entwicklung und Evaluation eines spezifischen Elterngruppenprogramms Vor-schub geleistet werden. Dieses Programm zielt zum einen auf die Belastungsreduktion und Kompetenzstärkung seitens der Eltern sowie zum zweiten auf eine Minderung von Verhaltensproblemen auf Seiten der Kinder ab. Im Fokus der Wirksamkeitsprüfung stehen neben der Teilnehmerzufriedenheit und der Erreichung persönlich definierter Ziele die Effekte auf die elterliche Belastung und Kompetenz sowie das Verhalten des Kindes. Die aus insgesamt vier Studien gewonnenen Erkenntnisse sollen Hinweise über den derzeitigen Beratungsstand der Eltern von Kindern mit Lese-Rechtschreibstörung liefern und gleichzeitig ein evidenzbasiertes Beratungsangebot für die Praxis bereitstellen.
Ziel des Forschungsprojektes, welches dieser Dissertation zugrunde liegt, war die Konstruktion eines allgemeinen Entwicklungstests für die frühe Kindheit. Die Entwicklung in der frühen Kindheit bildet den Grundstein für die weitere Entwicklung im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter. Treten bereits im frühen Kindesalter Entwicklungsverzögerungen oder -störungen auf, so besteht ein großes Risiko, dass auch die weitere Entwicklung beeinträchtigt ist. Das frühe Eingreifen durch geeignete Fördermaßnahmen oder Therapien erhöht die Chance bei Kindern mit auffälliger Entwicklung, dass Rückstände aufgeholt werden können. Um Abweichungen in der Entwicklung frühzeitig erkennen und beurteilen zu können, sind geeignete diagnostische Verfahren nötig. Zum Zeitpunkt der Entstehung des Forschungsprojektes lagen nur wenige geeignete Entwicklungstests für das Alter von 0 bis 3 Jahren vor. So wurde auf der Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse ein neues Verfahren, der FREDI 03 (Mähler, Cartschau & Rohleder, 2016), entwickelt. Der FREDI 0-3 ist ein allgemeiner Entwicklungstest, mit dem der Entwicklungsstand im Bereich der motorischen, kognitiven, sprachlichen und sozial-emotionalen Entwicklung im Alter von 0 bis 3 Jahren bestimmt werden kann. Im Rahmen dieser Arbeit werden der Ablauf der Konstruktion, Normierung und die anschließende Qualitätsüberprüfung beschrieben.
Ein Testverfahren sollte den gängigen Qualitätsmerkmalen Objektivität, Reliabilität und Validität genügen. Die Überprüfung der Objektivität und Reliabilität erfolgte für den FREDI 0-3 anhand der aus der Normierung vorliegenden Daten und Erkenntnisse. Zur Überprüfung der Validität des Verfahrens wurden zusätzlich drei zusätzliche Studien durchgeführt. Die Konstruktvalidität wurde anhand einer Stichprobe mit frühgeborenen Kindern überprüft, bei denen ein erwarteter Entwicklungsrückstand aufgrund der unreifen Geburt, durch den FREDI 0-3 bestätigt werden konnte. Zur Überprüfung der Übereinstimmungsvalidität der Skala Sprache des FREDI 0-3 wurde eine Stichprobe mit dem FREDI 0-3 und ein bzw. zwei weiteren spezifischen Sprachentwicklungstests getestet. Dabei konnten hohe Übereinstimmungen nachgewiesen werden. Im Rahmen der dritten Studie wurde die Prognoseleistung des FREDI 0-3 überprüft, in dem bei einem Teil der Normierungsstichprobe im Vorschul- bzw. Grundschulalter erneut der Entwicklungsstand ermittelt wurde. Hier konnten zwar große Übereinstimmungen der Einschätzung unauffälliger Kinder nachgewiesen werden, jedoch konnten anhand der vorliegenden Daten nur sehr geringe Zusammenhänge zwischen den Testergebnissen in der frühen Kindheit und dem späteren Vor- bzw. Grundschulalter gefunden werden. Zusammenfassend ist im Rahmen des Projektes ein neu normiertes und auf der Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse konstruiertes allgemeines Entwicklungsdiagnostikum für die frühe Kindheit entstanden. Die Qualitätsansprüche konnten bereits in weiten Teilen bedient werden, weitere Prüfungen stehen jedoch noch aus.
Auch wenn es sich bei der Entwicklungsdiagnostik immer nur um eine Momentaufnahme des aktuellen Entwicklungsstatus eines Kindes handelt, so liefern Entwicklungstests doch differenzierte Informationen über ein breites Spektrum der Entwicklung, die sonst nicht sichtbar werden würde. Hier kann der neu konstruierte Entwicklungstest FREDI 03 einen wertvollen Beitrag leisten, vor allem durch den Einbezug aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse, zeitgemäßem Material, hoher Praktikabilität und aktueller Normen.
Das Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit bestand in der Entwicklung und Erprobung zweier für das Kindergartenalter vorgesehenen Fördermaßnahmen zur Prävention von späteren Lese-Rechtschreib- bzw. Rechenschwierigkeiten. Zu diesem Zweck wurde eine Spielesammlung zur Förderung der phonologischen Bewusstheit (ZIK – Zuhören im Kindergarten) sowie eine weitere zur Förderung numerischer Kompetenzen (ZAK – Zahlen im Kindergarten) konzipiert, die jeweils die Vorteile klassischer Förderprogramme sowie moderner alltagsintegrierter Förderkonzepte vereinen sollen. Dabei wurde angenommen, dass sich unter den praxisnahen Feldbedingungen eines Kindergartens bedeutsame Fördereffekte auf die anvisierten Kompetenzbereiche erzielen lassen und insbesondere Kinder mit einem Risiko für spätere Lernschwierigkeiten von der regelspielbasierten Förderung profitieren.
In einer ersten Wirksamkeitsprüfung der ZAK-Förderspiele mit einer Interventions- und einer Wartekontrollgruppe ließ sich sowohl ein kurz- als auch ein langfristig stabiler Fördereffekt auf die numerischen Kompetenzen nachweisen. In der anschließenden Hauptstudie sollte dieser Befund zum einen repliziert und zum anderen erstmalig die Wirksamkeit der ZIK-Förderspielesammlung geprüft werden. Erste Analysen anhand von Pre- und Posttestdaten ergaben einen Hinweis auf einen kompensatorischen Fördereffekt durch die ZAK-Förderung. Anhand der finalen Daten der Hauptstudie konnte letztendlich auch für die ZIK-Spielesammlung ein kurzfristiger Fördereffekt auf die phonologische Bewusstheit verzeichnet werden. Jedoch erwies sich dieser, ebenso wie der durch die ZAK-Förderung kurzfristig erzielte Vorteil auf die Entwicklung numerischer Kompetenzen, nicht als stabil. Bezüglich des angenommenen differentiellen Fördereffekts zeigten sich Tendenzen dahingehend, dass Kinder mit einem geringen sozioökonomischen Status sowie einem Migrationshintergrund kurzfristig stärker von einer Förderung mittels der ZIK-Spiele bzgl. der Entwicklung ihrer phonologischen Bewusstheit profitieren. Neben diesen marginal signifikanten Effekten zeigten die Moderatoranalysen keine weiteren Hinweise auf differentielle Fördereffekte, auch nicht für die ZAK-Förderspiele.
Die erzielten Ergebnisse weisen in der Gesamtschau darauf hin, dass die im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelten Fördermaßnahmen im Einklang mit der bisherigen Forschungsliteratur auf ein gewisses Potenzial dieser Art der Förderung von bereichsspezifischen Vorläuferfertigkeiten hinweisen. Allerdings kann ein Einsatz beider Förderspielesammlungen zur Prävention von Lernschwierigkeiten in der hier praktizierten Form aufgrund fehlender überzeugender langfristiger Wirksamkeitsnachweise nicht empfohlen werden. Im Gegensatz dazu bedarf es weiterer Forschungsbemühungen, innerhalb derer u. a. eine Erhöhung der Förderintensität bzw. -dauer realisiert werden sollte, um das mutmaßlich höhere Potenzial der Förderspielesammlungen stärker ausschöpfen zu können.
Einleitung. Die Wirksamkeit von internetbasierten Interventionen zur Behandlung psychischer Störungen kann als belegt angesehen werden. Jedoch ist noch weitgehend unklar, welche Faktoren ihre Effektivität beeinflussen. In dieser Arbeit wurde die zugehörige Wissensbasis daher dargestellt und erweitert. Dabei wurde der Einfluss der Programmdauer und des Einsatzes von Chat-Beratung auf die Wirksamkeit untersucht. Zudem wurde geprüft, welchen Effektivitätsvorteil Beratungsprogramme gegenüber einfacher E Mail-Beratung haben. Daneben wurden verschiedene potenzielle Wirkprädiktoren ausgewertet.
Methoden. Es wurden drei Online-Studien an zwei internetbasierten Beratungsprogrammen durchgeführt. Studie 1 ist eine zweifaktorielle Experimentalstudie, in der das Vorhandensein chatbasierter Beratung und die Dauer der Intervention systematisch variiert wurden. Studie 2 ist eine randomisiert-kontrollierte Untersuchung, in der Teilnehmende entweder einem Beratungsprogramm, E-Mail-Beratung oder einer Wartegruppe zugewiesen wurden. Studie 3 ist eine Sekundäranalyse der Daten aus Studie 1. In ihr wurde untersucht, welche Merkmale eine erfolgreiche Programmnutzung vorhersagen. Die Ergebnisse der drei Studien wurden in den aktuellen Forschungsstand integriert. Zuvor wurde eine theoriegeleitete Systematik zur Darstellung der Evidenz entwickelt.
Ergebnisse. Wirkfaktoren internetgestützter Interventionen können den folgenden Ebenen zugeordnet werden: den Nutzenden, der Umwelt, der Intervention und interaktionsspezifischen Merkmalen. Die Studien der Dissertation beziehen sich primär auf die Ebene der Intervention und auf die der Nutzenden. An Studie 1 und ihrer Sekundäranalyse Studie 3 nahmen n=534 Personen teil. Studie 2 verzeichnete n=167 Teilnehmende. In Studie 1 zeigten sich weder im Faktor „chatbasierte Beratung“ (p ≥ .63) noch im Faktor „Programmdauer“ (p ≥ .20) signifikante Effektunterschiede. In Studie 2 erreichte das Beratungsprogramm im Vergleich zur Wartegruppe in allen Indikatoren mittlere bis starke Effekte (d ≥ 0,55; p ≤ .023). E-Mail-Beratung erzielte dagegen nur in einem Merkmal signifikante Effekte (d = 0,74; p = .022). Zwischen dem Programm und der E-Mail-Beratung zeigten sich jedoch keine signifikanten Differenzen (p ≥ .25). In Studie 3 wurde das Programmziel „Konsumabstinenz“ (p < .001) als der wichtigste Erfolgsprädiktor identifiziert.
Diskussion. Die Wirksamkeit mehrwöchiger Beratungsinterventionen lässt sich womöglich nur begrenzt durch eine höhere Betreuungsintensität steigern. Die tendenzielle Überlegenheit von Beratungsprogrammen gegenüber einfacher E-Mail-Beratung ist vermutlich darin begründet, dass mithilfe ihrer multimodularen Struktur Interventionstechniken besser umgesetzt werden können. Aufseiten der Nutzenden verweisen die Ergebnisse auf die Wichtigkeit individueller Verhaltensziele. Wirkfaktoren internetgestützter Interventionen sollten verstärkt und systematischer erforscht werden.
Ziel des Forschungsprozesses, der dieser Dissertation zugrunde liegt, bestand darin, zu einem Erkenntnisfortschritt beizutragen, der sich auf die Erfassung, Entwicklung sowie auf mögliche Entwicklungsbedingungen akkommodativer Regulationsprozesse im Kindesalter konzentriert. Akkommodative Prozesse sind Angleichungen individueller Ansprüche und Ziele an gegebene oder veränderte Handlungsfelder durch Auflösung von Zielbindungen, Abwärtsvergleiche sowie die Generierung positiv entlastender Bedeutungen und Inhalte der faktischen Lebenssituation oder alternativer Entwicklungsmöglichkeiten. Akkommodative Prozesse werden vor allem dann bedeutsam, wenn ein Individuum mit Zielblockaden, kritischen Lebensereignissen, Verlusterfahrungen oder Problemen konfrontiert wird, die es nicht (mehr) durch aktiv-korrigierendes, intentional gesteuertes Handeln aufzulösen weiß, respektive deren Auflösung außerhalb der Reichweite oder Kontrolle individueller Entwicklung liegt. Obgleich die funktionalen (z.B. höheres Wohlbefinden) und protektiven (z.B. niedrigere Depressionswerte im Lebensverlauf) Effekte akkommodativer Regulationskompetenz (in ersten Ansätzen im Jugend- sowie) im Erwachsenenalter ausreichend gut beforscht wurden, liegen keinerlei Studien akkommodativer Regulationsprozesse für das Kindesalter vor. Dabei ist die Entwicklung akkommodativer Regulation sowie die Erforschung potentieller Entwicklungsbedingungen und Vorläufer unter anwendungsbezogenen Gesichtspunkten, beispielsweise zur Förderung adaptiver Bewältigungsfähigkeiten und Prävention psychischer Störungen im Lebensverlauf, von großer Bedeutung.
Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass akkommodative Prozesse bereits im Kindesalter auftreten und erfasst werden können (Artikel 1). Dabei spielen vor allem selbstregulative Prozesse (z.B. exekutive Funktionen, Fähigkeiten zum Belohungsaufschub) als Vorläufer und Entwicklungsbedingungen akkommodativer Regulationsprozesse (z.B. Zielabwertungen, Aufwertungen alternativer Ziele) eine Rolle. Bedeutsame Zusammenhangssowie Vorhersagebefunde verweisen auf einen, zunächst unerwarteten, negativen Einfluss selbstregulativer Prozesse auf akkommodative Zielanpassungsprozesse im Vor- und Grundschulalter (Artikel 2 und 3). Demzufolge wurde hypothetisiert, dass die funktionale Präzedenz (der Entwicklung) selbstregulativer Prozesse das Exekutieren bzw. hartnäckige Festhalten an Zielen offenbaren könnte. Neben einem grundlagenorientierten Erkenntnisfortschritt akkommodativer Regulation für die Entwicklungspsychologie der Lebensspanne, regen die Befunde zu Diskussionen und neuen (Forschungs-)Perspektiven regulativer Prozesse im Kindesalter an.
The current dissertation discusses the opportunities and challenges of cross-cultural research on children’s executive functions (EF). A systematic review was conducted to gain a nuanced understanding of similarities and distinctions across countries in children’s EF development. Previous studies indicate that young children from East Asia outperform counterparts from Europe and North America on EF tasks. This dissertation focuses specifically on EF performance of children from Hong Kong and Germany across early and middle childhood and examines if the previously reported East Asian advantage is also manifest in comparisons between children from these two contexts. Measurement invariance of direct assessment EF tasks across preschoolers from Hong Kong and Germany was tested. The findings suggest that EF measurement at preschool age is likely equivalent across the two contexts. Further, EF performance levels of primary school children from Hong Kong and Germany were contrasted. Contrary to the hypothesis and previous research, the results show no significant differences in EF performance between the children from the two contexts, suggesting that features specific to Hong Kong and Germany underlie this finding. In sum, the results provide evidence supporting the relevance of taking the cultural context into account when assessing EF across early and middle childhood.
Selbstkonzeptimmunisierung bedeutet das adaptive Anpassen individueller Operationalisierungen selbst-relevanter Konzepte an die aktuell wahrgenommenen eigenen Ausprägungen zugehöriger Inhalte. Bislang kam dem theoretisch in der Entwicklungspsychologie der Lebensspanne verorteten Prozess insbesondere im Kontext des höheren Lebensalters Aufmerksamkeit zu. In einer Reihe empirischer Studien mit erwachsenen bis hochaltrigen Probanden wurde seine Existenz, seine spezifische Funktionsweise und seine defensive Funktionalität in Bezug auf die Aufrechterhaltung eines stabilen Selbst in Anbetracht alter(n)stypischer Einschränkungen und Verluste gut belegt. Die vorliegende Arbeit setzt nun neue Schwerpunkte. Zum einen soll eine Ausweitung der untersuchten Altersgruppe dazu dienen, den Prozess und seine Entwicklung tatsächlich über weite Teile der Lebensspanne zu verstehen. Zum anderen soll der Frage nachgegangen werden, ob die Selbstkonzeptimmunisierung geeignet ist, einen Beitrag zur komplexen Aufgabe der Identitätskonstruktion im Jugendalter zu leisten. Dazu werden drei empirische Studien vorgestellt. Studie 1 ist eine breit angelegte, korrelative Studie, die neben hypothesenprüfenden auch explorative Fragestellungen verfolgt. Jugendliche und junge Erwachsene eines breiten Altersspektrums (N = 200, 10-24 Jahre, M = 16.81, SD = 3.27) wurden bezüglich einer Reihe heterogener inhaltlicher Bereiche (Intelligenz, Sportlichkeit, Unabhängigkeit, Mut, Zuverlässigkeit, Attraktivität) befragt. Der inhaltliche Schwerpunkt lag dabei zum einen auf der Entwicklung der Selbstkonzeptimmunisierung im Kontext der sich entwickelnden Selbstkonzeptstruktur, zum anderen auf bivariaten und moderierenden Zusammenhängen der Selbstkonzeptimmunisierung zum Selbstwert und Maßen des subjektiven Wohlbefindens. Studie 2 (N = 278, 11-24 Jahre, M = 15.45, SD = 3.33) beinhaltet ein experimentelles Design. Mit Hilfe eines aus der „Terror-Management-Theorie“ abgeleiteten Forschungsparadigmas sollten die in Studie 1 korrelativ gefundenen Hinweise auf immunisierende Prozesse gegen alternative Erklärungen abgesichert werden. Mit Hilfe eines längsschnittlichen Designs soll in Studie 3 zum einen der Prozess der Selbstkonzeptimmunsierung aufgezeigt, zum anderen die Funktionalität immunisierender Prozesse in einem natürlichen Setting überprüft werden. Dazu wurden Kinder vor (N = 291, 9-12 Jahre, M = 10.02, SD = 0.59) und nach (N = 449, 9-13 Jahre, M = 10.57, SD = 0.65; längsschnittliche Stichprobe: N = 86, M (t1) = 10.05, SD (t1) = 0.61) dem Übertritt auf die weiterführende Schule zu den selbstrelevanten Themen Schulleistung und Beliebtheit im Klassenkontext befragt. Die Ergebnisse aller drei Studien lassen sich zu drei Ergebnislinien integrieren. (1) Jugendliche immunisieren. Bereits ab dem späten Kindesalter lassen sich sowohl im Querschnitt wie auch im Längsschnitt Hinweise auf immunisierende Prozesse finden bzw. diese experimentell induzieren. Eine altersabhängige Veränderung im Ausmaß der Immunisierung lässt sich hingegen nicht beobachten. (2) Die Immunisierung hat keinen konsistenten Effekt auf den Selbstwert sowie diverse Maße psychischen Wohlbefindens. (3) Stattdessen deutet sich eine identitätskonstruktive Funktion der Selbstkonzeptimmunisierung an: mit Hilfe immunisierender Prozesse wird das Selbstkonzept schärfer konturiert, eigene Stärken hervorgehoben. Es zeigen sich Hinweise darauf, dass dies mit einer Verbesserung des Wohlbefindens einhergeht. Abschließend werden durch diese Ergebnisse angeregte weitere Forschungsfragen und Möglichkeiten zu deren empirischen Verfolgung aufgezeigt sowie die Ergebnisse vor einem breiteren theoretischen Kontext diskutiert.
Das Ziel des Forschungsprozesses, dem die vorliegende Arbeit zugrunde liegt, bestand darin, vor dem Hintergrund einer zunehmenden Fokussierung von Kindertageseinrichtungen auf naturwissenschaftliche Bildungsprogramme zu einer differenzierten entwicklungspsychologischen Betrachtung des wissenschaftlichen Denkens in der frühen und mittleren Kindheit beizutragen. Hierbei wurde das bereichsübergreifende wissenschaftliche Denken, d.h. die Fähigkeit zur Anwendung und das Verständnis für die kindlichen Methoden der Erkenntnisgewinns fokussiert. Zu Beginn der Arbeit wird der theoretische Hintergrund der entwicklungspsychologischen Forschung zum wissenschaftlichen Denken von den Anfängen durch Piaget bis zum Scientific Discovery as Dual Search (SDDS)- Modell dargestellt. Aus den bisherigen Befunden ergaben sich noch offene Forschungsfragen zur Entwicklung der drei Komponenten der Hypothesengenerierung, des Experimentierens und der Evidenzbewertung des SDDS- Modells, die im Rahmen zweier empirischer Studien überprüft worden sind. Die Ergebnisse der beiden Studien zeigten, dass sich die drei Komponenten im Laufe der frühen und mittleren Kindheit asynchron entwickeln. Die Fähigkeit zur Bewertung eindeutiger Evidenzen ist bereits im frühen Kindergartenalter möglich, während die Bewertung uneindeutiger Evidenzen und das basale Experimentierverständnis frühestens am Ende des Kindergartenalters nachweisbar waren. Das flexible Generieren und Adaptieren von Hypothesen an vorgegebene Evidenzen ist erst mit Beginn der Adoleszenz möglich. Die weitere theoretische Analyse dieser Ergebnisse führte zu der Hypothese, dass sich die Komponenten des wissenschaftlichen Denkens aufgrund unterschiedlicher metakognitiver Anforderungen asynchron entwickeln. Diese Hypothese floss in die theoretische Erarbeitung der dritten Studie dieser Arbeit ein, die sich mit dem Versuch einer Erklärung für die Entstehung interindividueller Unterschiede im Experimentierverständnis befasste. Auf der Basis der Modelle von Deanna Kuhn (1999, 2000) wurde das Verständnis falschen Glaubens als mögliche Vorläuferkompetenz des Experimentierverständnisses herausgearbeitet empirisch überprüft. Die Ergebnisse zeigten einen signifikanten prädiktiven Zusammenhang zwischen dem Verständnis falschen Glaubens im Alter von vier Jahren und dem basalen Experimentierverständnis im Alter von fünf Jahren. Auf der Grundlage der Ergebnisse aller drei Studien, des SDDS-Modells und der Modelle von Kuhn (1999, 2000) wurde ein verknüpftes Modell zur Entwicklung des bereichsübergreifenden wissenschaftlichen Denkens formuliert. Anschließend folgt eine Diskussion des verknüpften Modells vor dem Hintergrund ausgewählter Theorien der kognitiven Entwicklung, sowie der Erörterung theoretischer und methodischer Kritikpunkte. Die Arbeit schließt mit Vorschlägen zu weiterführenden Forschungsarbeiten und Anwendungsmöglichkeiten ab.
Trotz Zielblockaden, Problemen und kritischen Lebensereignissen gelingt es den meisten Menschen, sich gesund weiterzuentwickeln und ihr Leben zu gestalten. Dabei unterstützt insbesondere der Einsatz verschiedenster Copingfähigkeiten das Individuum dabei, die belastenden Problemlagen zu überwinden. Eine Form der Regulation bilden akkommodative Prozesse, die insbesondere relevant werden, wenn ein Problem nicht mehr durch aktives Handeln gelöst werden kann. Sie unterstützen das Individuum dabei, sich von alten Zielen zu lösen und diese durch neue zu ersetzen, positive Aspekte in der belastenden Situation zu sehen oder Abwärtsvergleiche vorzunehmen. In verschiedenen Studien mit erwachsenen Stichproben haben sich akkommodative Prozesse als protektiv für die psychische Gesundheit erwiesen. Für das Kindes- und Jugendalter liegen bisher jedoch noch keine Befunde vor: Es existieren weder Erkenntnisse zur Funktionalität, noch zur Entwicklung oder gar zu den Entwicklungsbedingungen akkommodativer Prozesse. Erkenntnisse zu verwandten Copingfähigkeiten, die aus der Copingforschung im Kindes- und Jugendalter stammen, können nur wenige Hinweise zu diesen Fragen liefern. Das hier dargestellte Forschungsprogramm widmet sich daher verschiedenen Forschungsfragen zu verwandten Ansätzen der Copingforschung, Funktionalität, Entwicklung, interindividuellen Unterschieden und Entwicklungsbedingungen akkommodativer Regulation im Kindes- und Jugendalter und untersucht diese in mehreren Studien. Die Ergebnisse sollen einerseits zu einem Erkenntnisfortschritt auf theoretischer Ebene beitragen, da sie neue Erkenntnisse für die Entwicklungspsychologie der Lebensspanne, sowie für die Copingforschung im Kindes- und Jugendalter liefern können. Andererseits sollen sie jedoch auch auf anwendungsbezogener Ebene zu neuen Perspektiven anregen, denn insbesondere die Förderung der Entwicklungsbedingungen akkommodativer Regulation könnte in Zukunft zu einer gelingenden Entwicklung eines jeden Menschen beitragen.