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Die vorliegende Untersuchung thematisiert das Beziehungsgeflecht von Informationsangebot, Informationsbedürfnis und Informationsbedarf in einem Informationsprozess. Für die Untersuchung dieser Zusammenhänge wurde auf das Konzept der Information Ecology zurückgegriffen, in der die Akteure, die Arbeitsanforderungen und die Informationsumgebung verortet sind. Das Fallbeispiel besteht aus dem Lokalisierungsprozess der internationalen Bildungsvergleichsstudie PIAAC (Programme for the International Assessement of Adult Competencies) der OECD. Bei diesen Studien werden durch Testung Erkenntnisse zum Kompetenzniveau einer Population gesammelt. Dafür unabdinglich ist die Lokalisierung, also die Übersetzung und Anpassung der Testaufgaben, mit denen die Vergleichbarkeit der Testergebnisse zwischen Ländern angestrebt wird. Die vorliegende Untersuchung thematisiert, welchen Informationsbedarf die PIAAC-Akteure bei der Lokalisierung haben und in welchem Zusammenhang die Informationsumgebung mit ihrem Informationsangebot zu diesem Bedarf steht. Dafür wurde in einem ersten Schritt herausgearbeitet, welche Theorien und Strategien seitens der Fachgemeinschaft der Übersetzer in den Lokalisierungsprozess eingebracht werden. In einem zweiten Schritt wurde die von Psychologen geprägte historische Entwicklung der Lokalisierungsprozesse für Bildungsvergleichsstudien herausgearbeitet. Es zeigte sich, dass sich aktuelle translatorische Erkenntnisse nicht in den Qualitätskontrollprozessen von internationalen Bildungsvergleichsstudien wiederfinden. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse wurden im empirischen Teil der vorliegenden Arbeit die Informationsprozesse von PIAAC anhand der PIAAC-Dokumente, der bei PIAAC eingesetzten Informationssysteme und anhand von leitfadengestützten qualitativen Interviews mit 20 Lokalisierungsakteuren ausgewertet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es bei der Lokalisierung von Test-Aufgaben informationelle Defizite gibt (etwa weil Erkenntnisse dazu fehlen, wie Test-Aufgaben vergleichbarer Schwierigkeit in verschiedenen Sprachen erstellt werden können). Es zeigte sich, dass Vorgaben zur Umsetzung des Lokalisierungsprozesses umgangen wurden, wenn sich diese als nicht praktikabel herausstellten. Das Informationsangebot zur Lokalisierung spielte für einige Übersetzer eine größere Rolle als die eigenen Erfahrungen und Übersetzungsstrategien, wohl aufgrund der eigenen Unerfahrenheit mit dem Übersetzungssauftrag. Diese Erkenntnisse mündeten in einer Liste von Empfehlungen für zukünftige Bildungsvergleichsstudien. Die gewonnen Erkenntnisse liefern ein facettenreiches Bild eines komplexen Informationsprozesses. Die verschiedenen Wechselwirkungen wurden durch die Verortung der Fragestellung in eine konkrete Information Ecology deutlich, aber könnten in zukünftige Überlegungen zum Informationsbedarf eines Benutzers einfließen, etwa indem die Informationsquelle, der Status und die Rolle des Informationsbenutzers stärker berücksichtigt werden.
Gegenstand der Arbeit ist ein empirischer Vergleich zwischen der professionellen inhaltlichen Erschließung von Webressourcen und ihrem nutzergenerierten Gegenpart, so genannten Social Bookmarks. Während die professionelle Erschließung von Webressourcen meist im Rahmen der redaktionellen Erstellung von Webkatalogen erfolgt, etablierten sich Social Tags etwa ab dem Jahr 2005 im Kontext von Social-Bookmarking- und Social-Cataloging-Diensten. Bei solchen Diensten annotieren Nutzer Bookmarks bzw. wissenschaftliche Ressourcen völlig frei nach ihren Bedürfnissen mittels Social Tags. Aus den Entitäten Nutzer, Ressource und Social Tag entsteht eine dreiseitige Datenstruktur, welche gemeinhin als Folksonomie bezeichnet wird.
Untersuchungsgegenstände sind der Deutsche Bildungsserver als Webkatalog sowie Bibsonomy, Delicious und Edutags als Social-Bookmarking-Dienste. Die Daten wurden mittels eines im Rahmen der Arbeit entwickelten Software-Tools zusammengeführt, homogenisiert und gefiltert.
In der vorliegenden Arbeit wurde zum einen untersucht, inwiefern sich Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen der professionellen inhaltlichen Erschließung des Webkatalogs und den nutzergenerierten Social Tags der Bookmarking-Dienste charakterisieren lassen. Zum anderen wurde im Rahmen einer zweiten Fragestellung untersucht, inwiefern sich die Folksonomien von Social-Bookmarking-Diensten dazu eignen, an die Redakteure des Webkatalogs gerichtete Empfehlungen für neue Ressourcen und dazu passende Schlagwörter abzuleiten.
Die erste Fragestellung wurde mittels einer informetrischen Vergleichsstudie untersucht. Hierzu wurde ein breites Spektrum an Verhältnismaßen (etwa Terme pro Ressource oder Bookmarks pro URL) ermittelt, wie auch Zusammenhangsmaße und Rangkorrelationen. Die Untersuchung zeigte unter anderem, dass bei der professionellen Erschließung im Durchschnitt deutlich mehr Terme pro Ressource vergeben werden. Auch gibt es hier verglichen mit den Folksonomien nur wenige lediglich bei einer einzigen Ressource verwendete Terme. Eine exemplarische Kategorisierung der Terme ergab außerdem einen höheren Anteil inhaltsorientierter Terme beim Webkatalog. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass ein nennenswerter Teil der im themenspezifischen Webkatalog nachgewiesenen Ressourcen auch in den thematisch unspezifischen Bookmarking-Diensten Bibsonomy und Delicious auftritt.
Die Beantwortung der zweiten Forschungsfrage erfolgte in einem zweistufigen Verfahren mittels automatisierter Offline-Tests und einer Nutzerstudie. Anhand der Offline-Tests war es möglich, eine Reihe von Heuristiken zur Filterung der Folksonomien zu vergleichen. Basierend auf der Grundmenge der Daten sowie auf der gemäß den Offline-Tests besten Filter-Heuristik wurden den Redakteuren des Webkatalogs Empfehlungen für neue Katalogeinträge und zugehörige Terme zur Bewertung vorgelegt. Eine ergänzende Befragung ermöglichte die Erhebung komplementärer quantitativer und qualitativer Gesamtbewertungen.
Die vorliegende Untersuchung thematisiert die Informationsbedarfe und Nutzungsweisen bei Suchen nach unterrichtsrelevanter Information im Internet. Vor dem Hintergrund der beruflichen Aufgabenstellung der Unterrichtsvorbereitung suchen Lehrkräfte in zahlreichen Webangeboten unterschiedlichste Arten von Information. Detaillierte Erkenntnisse traten unter Verwendung eines multimethodischen Ansatzes zu Tage, in dem Beiträge einschlägiger Diskussionsforen, Nutzungsdaten einer bildungsbezogenen Website und eines Social Bookmarking-Tools, von Lehrkräften erstellte Unterrichtsmaterialien und Interviews mit Lehrkräften mithilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse qualitativ und quantitativ ausgewertet wurden.
Vorherrschende Problemsituationen der Unterrichtsvorbereitung können in den Suchen der Arbeitsbereiche Unterrichtsinhalte und Unterrichtsmethoden sowie denen nach den Medientypen Lehrmaterial, Erfahrung, Primärmaterial und Fakten identifiziert werden. Informationsbedarfe lassen sich in zwei verschiedene Ausprägungen unterteilen, solche, die einen offenen Charakter aufweisen, das heißt, sie sind unstrukturiert, komplex und nur in Unterzielen operationalisierbar und solche, die präziser beschreibbar sind, logisch zu lösen, einfach und direkt operationalisierbar. Auch in den Erwartungen an nützliche Merkmale gesuchter Information lassen sich ähnliche Unterscheidungen in vage, selbst abzuleitende bzw. konkret vorliegende Information finden.
Nachdem es gelungen war, diese grundlegenden Merkmale der Suche nach unterrichtsrelevanter Information zu identifizieren, konnten sie auch den dominierenden Arbeitsbereichen der Unterrichtsvorbereitung zugeordnet werden. Offene Charakteristika können der Mehrzahl der Fragestellungen zu Unterrichtsmethoden zugeordnet werden und treten meist mit einer Präferenz des Medientyps Erfahrung auf. Im Arbeitsbereich Unterrichtsinhalte treten beide Varianten auf, offene Fragestellungen in einer orientierenden Anfangsphase der Planung, präzisere eher gegen Ende, wenn die eigene Planung konkreter ist. Hier sind die Medientypen Lehrmaterial, Primärmaterial und Erfahrung am präsentesten. Weitere relevante Charakteristika von gesuchter Information erstrecken sich auf deren inhaltliche und didaktische Aufbereitung und die Eignung für individuelle Präferenzen der Lehrkraft, methodische Planungen sowie externe Rahmenbedingungen. Die Nutzung gefundener Information erfolgt mit oder ohne Anpassung, meist zum direkten Einsatz in der Planung. Seltener auch zur Erweiterung des eigenen Hintergrundwissens oder zur Integration in eine persönliche Materialsammlung.
Die gewonnenen Erkenntnisse können nicht nur ein facettenreiches Bild der Unterrichtsvorbereitung und der dort verbreiteten Informationsbedarfe, Präferenzen für bestimmte Information und Nutzungsmuster liefern, sondern auch Hinweise dahingehend geben, wie domänenspezifische Informationssysteme hinsichtlich dieser Merkmale des beruflichen Informationsverhaltens optimiert werden können.
Kategoriensysteme sind zentrale Bestandteile der qualitativen Forschung wie der Grounded Theory und Qualitativen Inhaltsanalyse. Deshalb sind Kategoriensysteme ein wichtiger Schlüssel, um die Forschung mit diesen Methoden im Sinne von Open Science transparenter zu machen. Diese Dissertation stellt die Ontologie QualiCO, eine formale Beschreibung von Kategoriensystemen, vor. Im Rahmen der Entwicklung wurde zuerst eine Anforderungsanalyse mit einer Stakeholder*innenanalyse Teilnehmenden Beobachtung, Expert*inneninterviews (n=10) und der Analyse von bereits publizierten Kategoriensystemen und Lehrbüchern der Grounded Theory und der Qualitativen Inhaltsanalyse durchgeführt. Darauf aufbauend folgte eine Entwicklungsphase im Sinne eines partizipativen Designs mit Qualitativen Feedbackinterviews mit Papierprototypen (n=5), einer beispielhaft implementierten Version der Ontologie (n=4) und der Vorstellung der Ontologie auf verschiedenen Workshops.
Am Ende der Forschungsarbeit stand die Evaluation der Ontologie mithilfe eines qualitativen Usability-Tests (n=20) sowie einer metrikorientierten qualitativen Evaluation (n=10). Als Interviewpartner*innen wurden Forscher*innen aus der deutschsprachigen qualitativen Bildungsforschung, die bereits Erfahrung mit den genannten Methoden vorweisen konnten, rekrutiert. Für die Usability-Tests wurden Forscher*innen aus dem Human-Centered-Design an der University of Washington in Seattle ausgewählt. Zwar wurde QualiCO auf die deutschsprachigen Bildungsforscher*innen hin zugeschnitten entwickelt, sie konnte jedoch auch die Anforderungen der Evaluation mit den Forscher*innen aus dem Human-Centered-Design erfüllen. Sie kann wahrscheinlich auch von weiteren Forschungsgemeinschaften, die mit der Grounded Theory oder der Qualitativen Inhaltsanalyse arbeiten, genutzt werden.
Die Arbeit beschreibt außerdem die Arbeitsweisen von Forscher*innen auf dem Gebiet der Grounded Theory und der Qualitativen Inhaltsanalyse und zeigt folgende Potentiale für die Ontologie auf: Publikation von Kategoriensystemen, Validierung von Kategoriensystemen, Ermitteln von Inspiration für die Forscher*innen, Sichtbarmachung der Beziehungen zwischen Kodes, Nutzen der Ontologie in der Teamarbeit, Beschreibung der Kategoriensysteme mithilfe des Kodierparadigmas der Grounded Theory und Einsatz der Ontologie in der Methodenausbildung. Es gibt jedoch auch Barrieren, welche die Forscher*innen davon abhalten könnten, Kategoriensysteme auszutauschen: der Aufwand bei der Erstellung, ein erhöhter Aufwand bei der Digitalisierung, Probleme bei der Nachnutzung und die Angst vor einem Streamlining der Forschung und einer Überwachung der Forscher*innen. Die Arbeit wirbt darum, den Austausch von Kategoriensystemen bereits frühzeitig im Forschungsprozess mit zu bedenken, um das Kategoriensystem so zu erstellen, dass es anderen Forscher*innen am Ende der Forschungsarbeit bereitgestellt werden kann.