Psychologie
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Entscheidungen und Urteile werden im Alltag häufig intuitiv gefällt. Die Prozesse auf denen Intuitionen basieren operieren schnell, unbewusst und assoziativ. Da Intuitionen auf Informationen basieren, die aktiviert, jedoch bewusst nicht zugänglich sind, können sie mit dem Phänomen knowing without knowing how beschrieben werden. Intuitionen bilden demnach eine eindrucksvolle, in vielen Situationen effektive Leistung menschlicher Kognition. Patienten, die unter Depressionen leiden, berichten häufig von Schwierigkeiten, Entscheidungen im Alltag zu fällen. Es liegt daher die Annahme nahe, dass Depression mit verminderter Intuition einhergeht. Auch Ergebnisse der Grundlagenforschung zum Einfluss von negativer Stimmung auf intuitive Urteile unterstützen diese Hypothese. In Einklang damit konnte die vorliegende Forschung bei Patienten mit Depression ein Intuitionsdefizit im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden feststellen. Die vorliegenden Ergebnisse deuten weiterhin darauf hin, dass auch die häufig berichtete Entscheidungsunfähigkeit von Depressiven in Zusammenhangmit verminderter Intuition zu stehen scheint. Insgesamt erweitert die vorliegende Arbeit die klinische Depressionsforschung, indem sie das Thema Intuition in den klinisch-psychologischen Forschungskontext einführt. Hierbei wird ein etabliertes Verfahren aus der kognitiven Psychologie zur Messung intuitiver Urteile verwendet. Vor dem Hintergrund des Ergebnisses, dass Patienten mit Depression Einschränkungen beim Fällen intuitiver Urteile aufweisen, beschäftigt sich die vorliegende Arbeit weiterhin mit der Frage, wie Intuition gefördert werden kann. Eine Reihe methodisch hochwertiger klinischer Studien konnte die Wirksamkeit achtsamkeitsbasierter Interventionen im Rahmen der Depressionsbehandlung nachweisen. Die zugrunde liegenden Wirkmechanismen sind allerdings noch weitestgehend unerforscht. In der vorliegenden Arbeit wird daher Intuition als potentieller Faktor, über den das Prinzip Achtsamkeit seine Wirkung entfaltet, untersucht. Diese Hypothese, dass Achtsamkeit Intuition fördert, basiert auf einem der Hauptmerkmale einer achtsamen Haltung: die verbesserte Wahrnehmung von Körperempfindungen, Gedanken, Gefühlen und - so die vorliegende Hypothese – Intuitionen. Insgesamt soll die vorliegende Arbeit einen Beitrag zur Erforschung relevanter kognitiver Prozesse im Rahmen der Depression leisten und der Frage nachgehen, ob Achtsamkeit den Kontakt zu Intuitionen verbessern kann. Damit leistet die vorliegende Forschung auch einen Beitrag zur Erforschung potentieller Wirkmechanismen dieses immer mehr an Bedeutung gewinnenden Behandlungsprinzips.
Angesichts der Renaissance repetitiver Arbeit bleibt die Frage nach deren Gestaltung weiterhin relevant. Dazu bildeten sich der Ansatz der Aufgabenerweiterung (job enlargement) und -bereicherung (job enrichment) heraus. Während der Nutzen von angereicherten Aufgaben empirisch fundiert ist, wird der Wirksamkeit horizontal erweiterter Aufgaben weit weniger Bedeutung zugesprochen und basiert auf einer schwachen Befundlage. Die vorliegende Arbeit zielte darauf ab, mittels eines laborexperimentellen Designs einen eindeutigen kausalen Nachweis zum Effekt hoch- im Vergleich zu niedrig-repetitiver, d.h. horizontal erweiterter Aufgaben auf kurzfristige subjektive, physiologische und leistungsbezogene Fehlbeanspruchungsfolgen zu liefern. Dazu bearbeiteten Probanden über mehr als 3 Stunden eine Computervertriebs- (Experiment 1, N = 160) bzw. eine Kommissionieraufgabe (Experiment 2, N = 213). Im zweiten Experiment erfolgte zusätzlich die Manipulation der Taktung des Arbeitstempos. Wie vorhergesagt, zeigen die Ergebnisse übereinstimmend den Nutzen horizonal erweiterter Aufgaben auf das subjektive Erleben. Andererseits findet sich ein förderlicher Effekt hoch-repetitiver Aufgaben auf die Leistung. Hinsichtlich physiologischer Aktivierungsparameter zeigt sich kein eindeutiges Bild. Zusammengenommen unterstreicht die Arbeit, dass bereits minimale Ausweitungen des Repetitionsgrades einer Aufgabe, im Sinne des Aufgabenerweiterungsansatzes, zur Prävention vor allem subjektiver Fehlbeanspruchungsfolgen beitragen. Darüber hinaus zeigen die Befunde einheitlich die beeinträchtigende Wirkung getakteter Arbeit auf das subjektive Erleben, die physiologische Aktivierung sowie die Leistung.
Die Dissertation setzt sich mit Gewalt im schulischen Kontext auseinander. Mittels Online-Fragebogen wurden insgesamt 1’220 Personen oder Lehrpersonen (N = 448), Schülerinnen und Schüler (N = 262), Erziehungsberechtigte (N = 191) sowie Fachpersonen mit berufsbedingtem direktem Kontakt zu Kindern und Jugendlichen (N = 319) zum Thema Gewalt an Schulen befragt. Die Studienteilnehmenden gaben unter anderem an, was für sie Gewalt ist, wie oft sie Gewalt im schulischen Kontext erleben und welche Interventions- sowie Präventionsmassnahmen sie als hilfreich erachten beziehungsweise bereits als hilfreich erlebt haben. Bei den Lehrpersonen wurden zusätzlich Persönlichkeitsfaktoren wie Emotionale Erschöpfung, Leistungsverlust, Selbst-wirksamkeit, Selbstwert, Handlungsorientierung, Handlungsplanung und Soziale Verantwortung erhoben. Ziel der Arbeit ist es, unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsfaktoren von Lehrper-sonen Ansätze für Präventionsmassnahmen zur Verhinderung von Gewalt an Schulen aufzuzeigen. Ein besonderer Fokus wurde dabei auf die Handlungsbereitschaft der Lehrpersonen in Gewaltsituationen gelegt. Als zentrale Erkenntnis stellt sich heraus, dass Lehrpersonen mit positiven persönlichen Ressourcen eine erhöhte Wachsamkeit und Handlungsbereitschaft im Zusammenhang mit erlebter und beobachteter Gewalt aufweisen. Durch die anderen befragten Gruppen kann die zentrale Rolle der Lehrpersonen in Bezug auf schulische Gewaltprävention belegt werden. Die funktionale Abgren-zung zu den Fachpersonen, die auf Grund ihrer berufsspezifischen Fachkompetenz als alternative Schlüsselfiguren im Präventionskreislauf hätten gesehen werden können, konnte dargelegt werden. Die Datenerhebung bei den Schülerinnen und Schülern lässt insbesondere Rückschlüsse auf das Gewaltaufkommen in den Schulen aus ihrer Sicht zu und zeigt diesbezüglich ein weniger dramati-sches Bild, als es gemäss einschlägigen Medienberichten anzunehmen wäre. Auf Grund der Online-Umfrage sowie der entsprechenden Fachliteratur konnten allgemeingültige schulspezifische Massnahmen für Interventions- und Präventionsmassnahmen zur Gewaltreduktion entwickelt werden. Da die Lehrpersonen diesbezüglich eine bedeutende Funktion innehaben, wurde erarbeitet, wie diese unterstützt werden müssten, damit sie diese durchaus anspruchsvolle Funktion entsprechend ausüben können.
Was bislang vor allem in der Fachöffentlichkeit bekannt war, ist inzwischen in das gesellschaftliche Bewusstsein vorgedrungen: Viele Kinder sind von sexualisierter Gewalt betroffen und benötigen möglichst frühzeitig fachliche Hilfen, um nicht ihr Leben lang unter den Folgen ihrer belastenden oder gar traumatischen Erfahrungen zu leiden. Pädagogische Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung sind potentiell die ersten AnsprechpartnerInnen außerhalb der Familie und können – wenn sie über adäquate Handlungskompetenzen verfügen – hinsehen, handeln und helfen. Die vorliegende Arbeit nimmt diesen Personenkreis in den Blick und identifiziert durch eine sorgfältige Bedarfsanalyse die aktuelle Situation in der Kindertagesbetreuung sowie ihre Möglichkeiten, um Kinder mit sexualisierten Gewalterfahrungen im pädagogischen Alltag zu unterstützen. Im Rahmen eines zweistufigen Erhebungsverfahrens wurden qualitative und quantitative Methoden kombiniert. Zunächst wurden mündliche Befragungen von ExpertInnen im Bereich des Kinderschutzes (N = 18) durchgeführt. Durch die Auswertung der Interviews in Anlehnung an die qualitative, strukturierende Inhaltsanalyse nach Mayring (2010) konnten zentrale Kategorien extrahiert werden, auf deren Grundlage ein Fragebogen für die schriftliche Erhebung entwickelt wurde. Befragt wurden pädagogische Fachkräfte in Kindertagesstätten der Region Hildesheim (N = 558). Die Ergebnisse zeigen den großen Bedarf einer fachlichen Auseinandersetzung pädagogischer Fachkräfte mit der Thematik der sexualisierten Gewalt an Kindern, der sowohl von den ExpertInnen als auch von den pädagogischen Fachkräften selbst konstatiert wird.
In der kumulativen Dissertation werden 23 eigene Veröffentlichungen zur Behandlung von Straftätern im Justizvollzug, insbesondere zur Sozialtherapie und zur Behandlung von Sexualstraftätern zusammengefasst und damit Entwicklungen in einem Zeitraum von ca. 25 Jahren sichtbar gemacht. Ein Abschnitt befasst sich mit der Organisation behandlungsfördernder Rahmenbedingungen im Strafvollzug sowie mit Fragen der Indikation für die Behandlung in sozialtherapeutischen Einrichtungen. Internationale Forschungsergebnisse werden dargestellt und daraus Konsequenzen für die Entwicklung eines Behandlungsprogramms für Sexualstraftäter (BPS) auf kognitiv-behavioraler Grundlage abgeleitet. Das BPS wird seit mehr als 10 Jahren eingesetzt und hat sich zu dem in deutschen sozialtherapeutischen Einrichtungen am häufigsten eingesetzten Programm entwickelt. Mehr als 50 Institutionen, zunehmend auch der Maßregelvollzug und die Bewährungshilfe, arbeiten damit. Inzwischen liegt eine revidierte Form vor (BPS-R). Das Programm besteht aus einem deliktunspezifischen (33 Gruppensitzungen) und einem deliktspezifischen Teil (58 Sitzungen). Praxiserfahrungen und Evaluationsbefunde, die an 320 Teilnehmern erhoben wurden, werden dargestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass das Programm von den Teilnehmern und Gruppenleitern gut angenommen und in ihrer Wirkung positiv bewertet wird. Vergleiche zwischen Sexualstraftätern, Straftätern mit anderen Delikten und nicht inhaftierten Personen (Fachkräften) bestätigen eine Grundannahme des kognitiv-behavioralen Ansatzes, dass sich Sexualstraftäter deutlich von den anderen Gruppen hinsichtlich ihrer Einstellungen bezogen auf sexuelle Kontakte mit Kindern und deren Folgen für die Opfer oder bezogen auf Vergewaltigungsmythen unterscheiden. Die gemessenen Differenzen vor und nach Durchführung des BPS zeigen signifikante Reduzierungen deliktfördernder und eine Zunahme protektiver Einstellungen, Tatbewertungen und Persönlichkeitsmerkmale. Verschiedene Prognoseverfahren (PCL:SV, SVR-20, RRS, ein Algorithmus nach Fisher und Thornton) zur Einschätzung der Rückfallgefahr werden miteinander verglichen. Es zeigen sich erwartungsgemäß hohe Zusammenhänge. Eingeschränkt wird die Interpretation der Befunde in den Veränderungsmessungen dadurch, dass in dieser, aus der Praxis heraus erfolgten Forschung, die Werte nicht mit Kontrollgruppen verglichen werden konnten. In einem abschließenden Kapitel werden kriminalpolitische Entwicklungen problematisiert, die die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Täterbehandlung einschränken. Insbesondere wird die Notwendigkeit begründet, interne und externe Erprobungsräume bereit zu stellen, um kognitive Veränderungen stabil verhaltenswirksam werden zu lassen. Grenzen eines kognitiv-behavioralen Gruppenprogramms und Perspektiven für die Weiterentwicklung der Behandlung von Straftätern werden bei der Behandlung von Sicherungsverwahrten, der Berücksichtigung von Opfererfahrungen der Täter sowie von Befunden der neurobiologischen Forschung diskutiert.
Trotz Zielblockaden, Problemen und kritischen Lebensereignissen gelingt es den meisten Menschen, sich gesund weiterzuentwickeln und ihr Leben zu gestalten. Dabei unterstützt insbesondere der Einsatz verschiedenster Copingfähigkeiten das Individuum dabei, die belastenden Problemlagen zu überwinden. Eine Form der Regulation bilden akkommodative Prozesse, die insbesondere relevant werden, wenn ein Problem nicht mehr durch aktives Handeln gelöst werden kann. Sie unterstützen das Individuum dabei, sich von alten Zielen zu lösen und diese durch neue zu ersetzen, positive Aspekte in der belastenden Situation zu sehen oder Abwärtsvergleiche vorzunehmen. In verschiedenen Studien mit erwachsenen Stichproben haben sich akkommodative Prozesse als protektiv für die psychische Gesundheit erwiesen. Für das Kindes- und Jugendalter liegen bisher jedoch noch keine Befunde vor: Es existieren weder Erkenntnisse zur Funktionalität, noch zur Entwicklung oder gar zu den Entwicklungsbedingungen akkommodativer Prozesse. Erkenntnisse zu verwandten Copingfähigkeiten, die aus der Copingforschung im Kindes- und Jugendalter stammen, können nur wenige Hinweise zu diesen Fragen liefern. Das hier dargestellte Forschungsprogramm widmet sich daher verschiedenen Forschungsfragen zu verwandten Ansätzen der Copingforschung, Funktionalität, Entwicklung, interindividuellen Unterschieden und Entwicklungsbedingungen akkommodativer Regulation im Kindes- und Jugendalter und untersucht diese in mehreren Studien. Die Ergebnisse sollen einerseits zu einem Erkenntnisfortschritt auf theoretischer Ebene beitragen, da sie neue Erkenntnisse für die Entwicklungspsychologie der Lebensspanne, sowie für die Copingforschung im Kindes- und Jugendalter liefern können. Andererseits sollen sie jedoch auch auf anwendungsbezogener Ebene zu neuen Perspektiven anregen, denn insbesondere die Förderung der Entwicklungsbedingungen akkommodativer Regulation könnte in Zukunft zu einer gelingenden Entwicklung eines jeden Menschen beitragen.
Selbstkonzeptimmunisierung bedeutet das adaptive Anpassen individueller Operationalisierungen selbst-relevanter Konzepte an die aktuell wahrgenommenen eigenen Ausprägungen zugehöriger Inhalte. Bislang kam dem theoretisch in der Entwicklungspsychologie der Lebensspanne verorteten Prozess insbesondere im Kontext des höheren Lebensalters Aufmerksamkeit zu. In einer Reihe empirischer Studien mit erwachsenen bis hochaltrigen Probanden wurde seine Existenz, seine spezifische Funktionsweise und seine defensive Funktionalität in Bezug auf die Aufrechterhaltung eines stabilen Selbst in Anbetracht alter(n)stypischer Einschränkungen und Verluste gut belegt. Die vorliegende Arbeit setzt nun neue Schwerpunkte. Zum einen soll eine Ausweitung der untersuchten Altersgruppe dazu dienen, den Prozess und seine Entwicklung tatsächlich über weite Teile der Lebensspanne zu verstehen. Zum anderen soll der Frage nachgegangen werden, ob die Selbstkonzeptimmunisierung geeignet ist, einen Beitrag zur komplexen Aufgabe der Identitätskonstruktion im Jugendalter zu leisten. Dazu werden drei empirische Studien vorgestellt. Studie 1 ist eine breit angelegte, korrelative Studie, die neben hypothesenprüfenden auch explorative Fragestellungen verfolgt. Jugendliche und junge Erwachsene eines breiten Altersspektrums (N = 200, 10-24 Jahre, M = 16.81, SD = 3.27) wurden bezüglich einer Reihe heterogener inhaltlicher Bereiche (Intelligenz, Sportlichkeit, Unabhängigkeit, Mut, Zuverlässigkeit, Attraktivität) befragt. Der inhaltliche Schwerpunkt lag dabei zum einen auf der Entwicklung der Selbstkonzeptimmunisierung im Kontext der sich entwickelnden Selbstkonzeptstruktur, zum anderen auf bivariaten und moderierenden Zusammenhängen der Selbstkonzeptimmunisierung zum Selbstwert und Maßen des subjektiven Wohlbefindens. Studie 2 (N = 278, 11-24 Jahre, M = 15.45, SD = 3.33) beinhaltet ein experimentelles Design. Mit Hilfe eines aus der „Terror-Management-Theorie“ abgeleiteten Forschungsparadigmas sollten die in Studie 1 korrelativ gefundenen Hinweise auf immunisierende Prozesse gegen alternative Erklärungen abgesichert werden. Mit Hilfe eines längsschnittlichen Designs soll in Studie 3 zum einen der Prozess der Selbstkonzeptimmunsierung aufgezeigt, zum anderen die Funktionalität immunisierender Prozesse in einem natürlichen Setting überprüft werden. Dazu wurden Kinder vor (N = 291, 9-12 Jahre, M = 10.02, SD = 0.59) und nach (N = 449, 9-13 Jahre, M = 10.57, SD = 0.65; längsschnittliche Stichprobe: N = 86, M (t1) = 10.05, SD (t1) = 0.61) dem Übertritt auf die weiterführende Schule zu den selbstrelevanten Themen Schulleistung und Beliebtheit im Klassenkontext befragt. Die Ergebnisse aller drei Studien lassen sich zu drei Ergebnislinien integrieren. (1) Jugendliche immunisieren. Bereits ab dem späten Kindesalter lassen sich sowohl im Querschnitt wie auch im Längsschnitt Hinweise auf immunisierende Prozesse finden bzw. diese experimentell induzieren. Eine altersabhängige Veränderung im Ausmaß der Immunisierung lässt sich hingegen nicht beobachten. (2) Die Immunisierung hat keinen konsistenten Effekt auf den Selbstwert sowie diverse Maße psychischen Wohlbefindens. (3) Stattdessen deutet sich eine identitätskonstruktive Funktion der Selbstkonzeptimmunisierung an: mit Hilfe immunisierender Prozesse wird das Selbstkonzept schärfer konturiert, eigene Stärken hervorgehoben. Es zeigen sich Hinweise darauf, dass dies mit einer Verbesserung des Wohlbefindens einhergeht. Abschließend werden durch diese Ergebnisse angeregte weitere Forschungsfragen und Möglichkeiten zu deren empirischen Verfolgung aufgezeigt sowie die Ergebnisse vor einem breiteren theoretischen Kontext diskutiert.
Die Betrachtung des Selbst konzentriert sich derzeit im Wesentlichen auf zwei unterschiedliche Forschungsaspekte, die zwar umfangreich untersucht, bisher aber kaum ausreichend aufeinander bezogen wurden. Einerseits werden die Inhalte des Selbst und deren strukturelle Organisation – verstärkt auch unter einer kulturvergleichenden Perspektive – erforscht, andererseits beschäftigt sich eine Vielzahl von Studien mit den Prozessen des Selbst, die der Sicherung oder Wiederherstellung eines konsistenten Selbstbildes dienen. Da zahlreiche Studien belegen, dass sowohl aktiviertes Selbstwissen als auch dessen strukturelle Organisation das Denken (z. B. Choi & Nisbett, 1998; Hannover & Kühnen, 2002), Fühlen und Handeln (z. B. Stucke, 2003) einer Person beeinflussen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch selbstregulative und selbststabilisierende Prozesse von eben jener Selbstkonzeptstruktur beeinflusst werden. Dies ist schon deshalb plausibel, weil sich Selbst-stabilisierende Prozesse notwendigerweise auf die Inhalte des Selbst beziehen müssen. So hängt es von den aktivierten Selbstinhalten ab, welche Informationen als konsistent bzw. inkonsistent mit dem eigenen Selbstbild wahrgenommen werden. In der vorliegenden Arbeit wurde der Zusammenhang zwischen der aktuellen Selbstkonstruktion einer Person und deren Bewältigungsreaktionen genauer untersucht. Die theoretische Grundlage für dieses Vorhaben bildeten zwei empirisch gut geprüfte Modelle, die direkt aufeinander bezogen wurden: Das Semantisch-Prozedurale Interface-Modell des Selbst (Hannover & Kühnen, 2004) beschäftigt sich mit der Struktur und Verarbeitung von selbstbezogenem Wissen und unterscheidet hierbei zwischen einem semantischen (autonome vs. soziale Selbstinhalte) und einem prozeduralen (kontextunabhängige vs. kontextabhängige Informationsverarbeitung) Mechanismus. In Anlehnung an Markus und Kitayama (1991) wird im Modell zwischen independenten und interdependenten Personen differenziert. Das Zwei-Prozess-Modell der Entwicklungsregulation (Brandtstädter & Renner, 1990) beschäftigt sich hingegen mit der Bewältigung selbstbildinkonsistenter Informationen und differenziert hierzu zwischen Strategien der hartnäckigen Zielverfolgung (Assimilation) und Prozessen der flexiblen Zielanpassung (Akkommodation). In einer intrakulturellen Untersuchung wurden die chronische Selbstkonstruktion von 274 Personen erfragt und deren Bewältigungsreaktionen durch ein kontextfreies und ein kontextbezogenes Erhebungsverfahren erfasst. Auf diese Weise sollten die unterschiedlichen Verarbeitungsprozesse independenter und interdependenter Personen berücksichtigt werden. Insgesamt ließen sich 134 Personen als independent und 140 Personen als interdependent klassifizieren. Um auch die Wirkung erfolgreicher Bewältigung zu berücksichtigen, wurden zudem die Selbstkonzeptklarheit, der Selbstwert und das subjektive Wohlbefinden erhoben. Zusätzlich wurde bei einem Teil der Stichprobe versucht, Selbstwissen situational zu aktivieren, um mögliche Effekte auf Bewältigungsverhalten genauer untersuchen zu können. Zunächst ließ sich für beide Selbstkonzept-Gruppen derselbe Alterseffekt nachweisen. Mit zunehmendem Lebensalter nehmen assimilative Bewältigungsstrategien ab und akkommodative Prozesse zu. Dennoch konnte gezeigt werden, dass Bewältigungsreaktionen tatsächlich von der chronischen Selbstkonstruktion einer Person beeinflusst werden. So zeigte sich, dass independente Personen in ihrem Bewältigungsverhalten signifikant flexibler auf gefährdete Vorhaben reagieren als interdependente Personen. Gerade akkommodative Bewältigungsreaktionen scheinen sich zudem positiv auf die individuelle Selbstkonzeptklarheit, den Selbstwert und indirekt auch auf das subjektive Wohlbefinden auszuwirken. Independente Personen erreichen gegenüber interdependenten Personen bezüglich dieser drei selbstrelevanten Faktoren signifikant höhere Werte. Die Ergebnisse zum zweiten Bewältigungsprozess, der Assimilation, waren etwas weniger eindeutig. In der vorliegenden Untersuchung sind – je nach Erhebungsverfahren – independente gegenüber interdependenten Personen hartnäckiger oder vergleichbar hartnäckig in der Verfolgung relevanter Vorhaben. Ein Primingeffekt der Selbstkonstruktion auf individuelles Bewältigungsverhalten ließ sich nicht nachweisen. Es wäre daher denkbar, dass sich selbststabilisierende Prozesse nicht kurzfristig durch eine experimentelle Aktivierung beeinflussen lassen. In nachfolgenden Untersuchungen sollten insbesondere der Zusammenhang zwischen Selbstkonstruktion und assimilativer Bewältigung genauer beleuchtet sowie eventuell alternative Primingverfahren zur experimentellen Aktivierung von Bewältigungsreaktionen geprüft werden.
In Programmevaluationen werden Programme mit ihren Konzepten, Interventionen und Resultaten für deren Zielgruppen systematisch untersucht und bewertet. Die Programmakteure werden daraufhin mit den bewertenden Aussagen konfrontiert. In der Regel sind darunter Aussagen, die für Teile der bisherigen Handlungen Verbesserungspotentiale aufzeigen – und damit Diskrepanzen zwischen Ist- und Soll-Zustand entwerfen. Die vorliegende Dissertation untersucht den Umgang der Programmakteure mit den Ist-Soll-Diskrepanzen. Dazu wird das Zwei-Prozess-Modell der Adaption aus der psychologischen Handlungsforschung auf den Kontext der Programmevaluation mit Verbesserungs-/Optimierungszweck übertragen. Die Ziele sind erstens Einflüsse von Evaluation in Form von individuellen Veränderungen im zielbezogenen Handeln und in handlungsrelevanten Einstellungen zu messen, zweitens die Rolle adaptiver – assimilativer und akkommodativer – Prozesse in Bezug auf diese Veränderungen zu klären, sowie drittens potentielle Parallelen der adaptiven Prozesse zum Paradigma des Evaluationsnutzens aufzudecken. Die empirische Felduntersuchung nähert sich diesen Zielen am Beispiel eines externen Schulevaluationsverfahrens. In einer Längsschnittuntersuchung werden Lehrpersonen und Schulleitungen (N=126) zu ihrem zielbezogenen Verhalten und ihren Einschätzungen relevanter Handlungsbedingungen schriftlich befragt. Drei Erhebungszeitpunkte werden dabei auf externe Schulevaluationen abgestimmt, welche im Untersuchungszeitraum 2010/2011 im Kanton Zürich stattfinden: der erste Fragebogen wird vor dem Schulbesuch der externen Evaluation ausgefüllt, der zweite im Anschluss an die Rückmeldeveranstaltung durch die Evaluierenden, der dritte ungefähr drei Monate später. Die Untersuchungsergebnisse zeigen erstens, dass drei Monate nach der Evaluation Veränderungen im zielbezogenen Verhalten und in handlungsrelevanten Einstellungen messbar sind, welche sich wenige Tage nach der Evaluation noch nicht andeuten. Zweitens beeinflussen die zielbezogenen Moderatoren der adaptiven Prozesse – namentlich Wichtigkeit, Zentralität, Kontrollwahrnehmung und Unterstützung im Team – das zielgerichtete Verhalten in die laut Zwei-Prozess-Modell erwartete Richtung, wenn sich die betrachtete Person nach der Evaluation weiter von ihrem Ziel entfernt sieht. Drittens hängt die Wahrnehmung eines instrumentellen oder konzeptuellen Evaluationsnutzens mit assimilativen Prozessen zusammen und wird teilweise über diese vermittelt.
Das Ziel des Forschungsprozesses, dem die vorliegende Arbeit zugrunde liegt, bestand darin, vor dem Hintergrund einer zunehmenden Fokussierung von Kindertageseinrichtungen auf naturwissenschaftliche Bildungsprogramme zu einer differenzierten entwicklungspsychologischen Betrachtung des wissenschaftlichen Denkens in der frühen und mittleren Kindheit beizutragen. Hierbei wurde das bereichsübergreifende wissenschaftliche Denken, d.h. die Fähigkeit zur Anwendung und das Verständnis für die kindlichen Methoden der Erkenntnisgewinns fokussiert. Zu Beginn der Arbeit wird der theoretische Hintergrund der entwicklungspsychologischen Forschung zum wissenschaftlichen Denken von den Anfängen durch Piaget bis zum Scientific Discovery as Dual Search (SDDS)- Modell dargestellt. Aus den bisherigen Befunden ergaben sich noch offene Forschungsfragen zur Entwicklung der drei Komponenten der Hypothesengenerierung, des Experimentierens und der Evidenzbewertung des SDDS- Modells, die im Rahmen zweier empirischer Studien überprüft worden sind. Die Ergebnisse der beiden Studien zeigten, dass sich die drei Komponenten im Laufe der frühen und mittleren Kindheit asynchron entwickeln. Die Fähigkeit zur Bewertung eindeutiger Evidenzen ist bereits im frühen Kindergartenalter möglich, während die Bewertung uneindeutiger Evidenzen und das basale Experimentierverständnis frühestens am Ende des Kindergartenalters nachweisbar waren. Das flexible Generieren und Adaptieren von Hypothesen an vorgegebene Evidenzen ist erst mit Beginn der Adoleszenz möglich. Die weitere theoretische Analyse dieser Ergebnisse führte zu der Hypothese, dass sich die Komponenten des wissenschaftlichen Denkens aufgrund unterschiedlicher metakognitiver Anforderungen asynchron entwickeln. Diese Hypothese floss in die theoretische Erarbeitung der dritten Studie dieser Arbeit ein, die sich mit dem Versuch einer Erklärung für die Entstehung interindividueller Unterschiede im Experimentierverständnis befasste. Auf der Basis der Modelle von Deanna Kuhn (1999, 2000) wurde das Verständnis falschen Glaubens als mögliche Vorläuferkompetenz des Experimentierverständnisses herausgearbeitet empirisch überprüft. Die Ergebnisse zeigten einen signifikanten prädiktiven Zusammenhang zwischen dem Verständnis falschen Glaubens im Alter von vier Jahren und dem basalen Experimentierverständnis im Alter von fünf Jahren. Auf der Grundlage der Ergebnisse aller drei Studien, des SDDS-Modells und der Modelle von Kuhn (1999, 2000) wurde ein verknüpftes Modell zur Entwicklung des bereichsübergreifenden wissenschaftlichen Denkens formuliert. Anschließend folgt eine Diskussion des verknüpften Modells vor dem Hintergrund ausgewählter Theorien der kognitiven Entwicklung, sowie der Erörterung theoretischer und methodischer Kritikpunkte. Die Arbeit schließt mit Vorschlägen zu weiterführenden Forschungsarbeiten und Anwendungsmöglichkeiten ab.